Alles will gestreichelt werden
05.11.2025
Die Arche Kinder-Ranch ist weit mehr als nur ein Ort für Spaß und Spiel. Sie ist ein Ort der Begegnung, des Lernens und gemeinsamer Erlebnisse. Vor allem aber ein Ort, an dem jedes Kind willkommen ist.
Darf ich ein Pferd reiten? Kann ich zu den Kaninchen? Können wir wieder ein Lagerfeuer machen? Viele Fragen sprudeln aus den Kindern und Jugendlichen, die für einen Tag oder mehrere auf die Arche Kinder-Ranch kommen. Gleich nach der freudigen Begrüßung durch die Hofhunde, darunter zwei große Neufundländer, wird der Hof mit seinen tierpädagogischen Angeboten und zahlreichen Spielmöglichkeiten erkundet. Stallungen, Wiesen, Spielplätze, Tiergehege – alles will gesehen, gestreichelt, ausprobiert werden. Neben den Begegnungen mit den Tieren, genießen die Kinder unbeschwert die Natur und die ländliche Ruhe.
Die Arche Kinder-Ranch wurde 2016 im brandenburgischen Schulzendorf gegründet. Die Idee dahinter war so einfach wie überzeugend: Es sollte ein Ort entstehen, an dem Kinder frei spielen, die Natur entdecken, Gemeinschaft erleben und ihre Alltagssorgen vorübergehend vergessen können. Kinder, Jugendliche und Familien nutzen die Wochenenden und Ferien, um ihre Talente und Begabungen zu entdecken und weiterzuentwickeln – ob beim Zäune stellen, Gehege bauen, gemeinsamem Kochen, Tiere versorgen oder Reiten – und erfahren dabei die positiven Aspekte des Teamworks.
Für zahlreiche Arche-Familien ist ein Besuch der Ranch oft die einzige Möglichkeit, etwas Urlaub zu machen und für einige Tage ihrem Alltag zu entfliehen. Seit der Corona-Pandemie kommen neben Kindern und Jugendlichen der verschiedenen Arche-Standorte auch vermehrt jene aus dem direkten dörflichen Umfeld zu uns. Und mit der Zahl der Besucher wuchs über die Jahre auch das Angebot. Es gibt Reitgruppen, handwerkliche Workshops, Tanzkurse, eine Arche Kinder-Feuerwehr oder ein gesondertes Ferienprogramm. Stets gilt dabei: Die Kinder gestalten mit, ihre Ideen fließen mit ein.
Unsere Tiere sind immer dabei und weit mehr als nur Begleiter. Sie sind unsere „Türöffner“. Im Vordergrund steht das Ziel, Kindern einen geschützten Raum zu bieten, in dem sie Selbstvertrauen, Verantwortungsbewusstsein und Gemeinschaftssinn entwickeln können. So wie Sarah. Als sie mit elf Jahren zum ersten Mal die Arche betrat, war sie neu in Berlin-Hellersdorf. Dort hatte ich vor der Gründung der Kinder-Ranch gearbeitet und lernte sie kennen. Sie und ihre alleinerziehende Mutter suchten einen Ort, an dem sie ankommen konnten. Die Arche war so ein Ort.
Ihr Leben war voller Unsicherheiten. Eine neue Stadt, keine Freunde und keine sozialen Kontakte. Sarah war still, schüchtern und traute sich wenig zu. In der Schule fiel ihr das Lernen schwer, sie konnte sich schlecht konzentrieren. Anstatt unterstützt zu werden, hörte sie nur Sätze wie: „Du schaffst das sowieso nicht.“ Oder: „Ein höherer Abschluss? Das brauchst du gar nicht erst zu versuchen.“
In der Arche fand Sarah dagegen Menschen, die an sie glaubten, die nicht zuerst ihre Schwächen, sondern ihr Potenzial sahen. Wir stärkten ihr Selbstvertrauen, halfen bei den Hausaufgaben, hatten ein offenes Ohr und gaben ihr das Gefühl, wertvoll zu sein. Als Sarah älter wurde, verbrachte sie ihre Wochenenden und Ferien regelmäßig auf der Kinder-Ranch. Sie entdeckte ihre Stärken, lernte Verantwortung zu übernehmen und erlebte, dass Menschen an sie glaubten. Mit Hilfe der Arche ging sie konsequent ihren Weg und absolvierte schließlich eine Ausbildung zur Erzieherin. Heute ist sie in einer Gemeinde angestellt und fördert selbst junge Menschen.
Sarahs Geschichte zeigt, dass ein erfolgreicher neuer Lebensweg manchmal mit einer einzigen offenen Tür beginnt – und mit Menschen, die sagen: „Wir glauben an dich.“
Nele Thönnessen
Standortleitung Arche Kinder-Ranch
(Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Nr. 76 der Arche-News)